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Provisorium und Nachhaltigkeit - Gedanken zur möglichen Wirkung des Nachhaltigkeitscafés

 

UNA TAZZA CAFFÉ,

IL PROFUMO DEL MONDO.

(Anonimo)

Ja, ich liebe guten Kaffee und ich war dort, im „Nachhaltigkeitscafé“, das Anfang Oktober für ein paar Tage auf einem Gang in der Pädagogischen Hochschule Wien geöffnet hatte. Heißer, wahrscheinlich im nahen Italien gerösteter Espresso, ein frischer, hausgemachter Feigenkuchen, dazu ein paar Tische und Stühle, die die Gastgeber:innen aufgestellt hatten – mehr brauchte es dazu nicht, dass sich auch die Rektorin bereit fand, in diesem unkonventionellen Rahmen mit denen, die vorbeischauten, über ihre Ideen zur „Urban Diversity Education und SDGs“ zu diskutieren.

Dass eine zeitgemäße Pädagog:innenbildung der gesellschaftlichen Realität einer von Super-Diversität geprägten Stadt nicht nur Rechnung tragen, sondern sie ohne Wenn und Aber zum Ausgangspunkt ihres Auftrags nehmen muss, eine neue Generation von Lehrerinnen und Lehrern auszubilden, das überraschte mich nicht so sehr, sind mir doch Barbara Herzog-Punzenbergers Forschungen, publizistischen Aktivitäten und kritischen Statements seit vielen Jahren vertraut.

Nein, was ich darüber hinaus interessant fand, ist die Intervention selbst, in einer großen Organisation einen vorübergehenden Ort zu installieren, der – offenbar an einem Durchgang von einem Teil zum anderen des weitläufigen Gebäudes – die Möglichkeit zu einem unerwarteten Innehalten bietet.

Ebenso wie man mit dem Kaffee selbst erhofft, Entspannung und geteilte Momente zu verbinden, entstand in dieser provisorischen, flüchtigen Bar eine Möglichkeit, spontan eine Pause zum Zuhören und Mitreden zu machen. Der unerwartete Ort rund um eine Kaffeemaschine lag – gewissermaßen – abseits der formellen Kommunikationsformen und war vielleicht gerade deshalb so gut geeignet, leichter und offener miteinander ins Gespräch zu kommen.

Aber kann denn ein Ort, den es schon ein paar Tage später nicht mehr gibt, den Anspruch der Nachhaltigkeit nicht nur im Namen zu tragen, sondern es tatsächlich auch sein? Kann eine überraschende Erfahrung von Gesprächen beim Kaffee auch positiv auf zukünftige professionelle Diskurse in der Organisation wirken? Kann der Ton, der zwischen den Gästen, die ihre gegenseitigen Rollenerwartungen als Lehrende, Studierende, Leitende oder sonstige Gäste ändern  und leichter miteinander ins Gespräch kommen, auch Auswirkungen auf die formelle Kommunikation der Organisation „Pädagogische Hochschule“ haben?

Es wäre interessant herauszufinden, ob Engagement und Beteiligung, die Freude am gemeinsamen Denken und der professionelle Diskurs von diesem und weiteren Provisorien und originellen Initiativen abseits der formellen Organisationskultur profitieren würden.

Den Versuch wäre es sicher wert.

Rüdiger Teutsch

Rüdiger Teutsch war von 2008 bis 2022 im Bildungsministerium in verschiedenen Leitungsfunktionen zu den Themen Migration, Diversität und Inklusive Bildung tätig, davor war er Geschäftsführer des Interkulturellen Zentrums. Inzwischen im Ruhestand begleitet er fallweise Entwicklungsprozesse von Organisationen im Gesundheits-, Kultur- und Bildungsbereich.

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