Kooperationsprojekt mit Universität Wien: RUTELA

Das Forschungsprojekt RUTELA begleitet im Zeitraum Oktober 2022 bis Oktober 2025 die Adaptierung und institutionelle Implementierung eines Instruments zur Erfassung früher russisch-ukrainisch-türkisch-deutscher Literalität in das Wiener Schulwesen.

Forschungsteam: İnci Dirim, Elena Vasylchenko (Universität Wien), Rainer Hawlik, Julia Wohlgenannt (PH Wien)

Critical Friend: Drorit Lengyel (Unversität Hamburg)

Beschreibung

Es ist Ziel in Wien, die bilingualen Fähigkeiten von Schüler*innen mit Erstsprachen Ukrainisch, Russisch und Türkisch zu stärken, indem der Akzent auf die literalen Aktivitäten ihrer familialen Sprachen gerichtet wird, die im Rahmen koordinierten Erstsprachenunterrichts schulisch gefördert werden.

Im Rahmen des von Stiftung Freudenberg geförderten ersten Entwicklungsprojekts (2020-2021) wurde das Analyseinstrument ELA aus Schreibproben von Schüler*innen für das Sprachenpaar Türkisch und Deutsch an der Universität Hamburg und Universität Wien entwickelt. ELA folgt dabei einer kriterialen und einer idiographischen Bezugsnormorientierung (vgl. Lengyel 2020) und steht in der Arbeitstradition von Hans H. Reich (1939-2019), der viele Jahre federführend an der Entwicklung qualitativer türkisch-deutscher Sprachdiagnoseverfahren mitgewirkt und ein ressourcenorientiertes Verständnis der Entwicklung von migrationsbedingter Zweisprachigkeit ermöglicht hatte.

ELA soll nun aus gegebenem Anlass im ersten Schritt des Projekts in Wien für die Sprachenpaare 1) Russisch und Deutsch sowie 2) Ukrainisch und Deutsch weiterentwickelt werden, um den transmigratorisch ab März 2022 zugezogenen Schüler*innen die Möglichkeit einer schulisch koordinierten Alphabetisierung und Entwicklung ihrer literaler Fähigkeiten durch ihre Lehrkräfte zu ermöglichen.

Das Instrument ELA zielt auf die Analyse früher literaler Fähigkeiten bilingual aufwachsender Schüler*innen im Zuge ihrer Alphabetisierung bei Entwicklung erster schriftsprachlicher Fähigkeiten, um nach Diagnose weiterführende Förderung zu ermöglichen.Gemäß Ziel- und Leistungsplans der PH Wien (2022-2024) wird der Bedeutung der Sprache (Deutsch als Zweitsprache, Mehrsprachigkeit, Erstsprache, Bildungssprache etc.) und ihrer Rolle für den Bildungserfolg für die Primarstufe Rechnung getragen, wenn mit ELA ein Instrument (weiter-)entwickelt und lanciert wird, das den Klassenlehrer*innen und den Lehrer*innen für Erstsprachenunterricht – ggf. im Zuge mehrsprachiger Alphabetisierung – hilft, die literalen Aktivitäten einzelner Schüler*innen in ihren Sprachen (R, U, T) zu vergleichen, um daraus Schlussfolgerungen für die Förderung zu ziehen.

Mittels des Instruments ELA wird explizit eine Koordinierung und eine fächerübergreifende Zusammenarbeit von Lehrkräften (Klassenlehrer*innen, Lehrer*innen im Bereich DaZ und ESU) angestrebt, die es sich zum Ziel setzt, gleichzeitig die Aneignung der institutionellen Zielsprache und der Erstsprache (R, U, T) zu stärken.

Bei RUTELA führen die Projektpartner im zweiten Schritt die Lancierung von ELA in R, U, T in den akademischen Jahren 2022/23, 2023/24, 2024/25 im Bereich der Fort- und Weiterbildung für bereits in Dienst stehende Lehrer*innen in Wien  aus, um im Zuge von begleitenden qualitiativ-empirisch analysierter Evaluationsforschung die Testphase und Fertigstellung von ELA in R und U, sowie eine Weiterentwicklung von ELA in T professionell zu begleiten.

Gemäß Rossi et al. (1997) werden zwei Typen von qualitativer Evaluationsforschung bei RUTELA verbunden:

  1. Analyse zur Planung und Relevanz der Interventionen von ELA in R, T, U (Planungsevaluation)
  2. Wirksamkeits- bzw. Nutzenbewertung (Ergebnisevaluation) von ELA in R, T, U unter Berücksichtigung der Dialog/Lernfunktion (Stockmann, 2004, S.18), die mit der Zielsetzung verbunden ist, den Stakeholdern (die unterschiedlichen Beteiligten, die Mittelgeber, oder die Zielgruppen …) Informationen zu liefern, um zu einer angemesseneren Einschätzung des evaluierten Prozesses zu kommen, ggf. nutzbar für eine weiterführende Prozessevaluation (Monitoring als Überwachung der Umsetzung und Durchführung) vor flächendeckendem Einsatz durch BD Wien hinausgeht.

Forschungsfragen: Welche Aufschlüsse gibt die Wirksamkeits- bzw. Nutzenbewertung (Ergebnisevaluation) von ELA in R, T, U auf die Analyse zur zukünftigen Planung und Relevanz der Interventionen von ELA in R, T, U (Planungsevaluation) in unterschiedlichen Lernsettings des ESU und Gesamtunterrichts (mehrsprachige Alphabetisierung) in der Primarstufe im Zuge der Entwicklung sprachlicher Basisqualifikationen von mehrsprachigen Schüler*innen im literalen Bereich (Ehlich 2005, 2008)?

 

Link zum Instrument ELA in T/D: https://phaidra.univie.ac.at/view/o:1433470

 

Intellectual Outputs & Pläne für die Laufzeit des Projekts:

  • Erstellung von ELA für Ukrainisch/Deutsch
  • Erstellung von ELA für Russisch/Deutsch
  • Evaluierung und Weiterentwicklung von ELA für Türkisch/Deutsch
  • Entwicklung und erste Implementierung des Analyseinstruments ELA (Early Literacy Acquisition, Erfassung frühen Literalitätswerbs) in den Sprachen Russisch (R), Ukrainisch (U) und Türkisch (T) in das Wiener Schulwesen durch Fortbildungen für Lehrer*innen in Wien (an PH Wien).
  • Erstellung von begleitenden Fachartikeln als Ergebnis qualitativer Evaluationsforschung zu RUTELA
  • RUTELA Konferenz an PH Wien (Oktober 2025)

 

Projektverlauf

Im Wintersemester 2022/23 fand die Fortbildung 4022IKL507 Frühe türkisch-deutsche Literalität: Erfassung und Interpretation (MUKompP) (8UE FB, WS 2022/23) am Di, 06.12.2022, 14:00-17:20 in 4.2.031.K25 statt und wurde fortgesetzt am Mo, 16.01.2023, von 14:00 bis 17:20. Für diese Fortbildung waren 15 Teilnehmer*innen angemeldet: Lehrer*innen für den Erstsprachenunterricht Türkisch.

Im Sommersemester 2023 fand mit einer anderen Gruppe 4023IKL009 23S 8UE FB Frühe türkisch-deutsche Literalität: Erfassung und Interpretation (MUKompP) am Mo, 08.05.2023, 14:00-17:20 Uhr, in 4.2.049.K32 und am Mo, 12.06.2023, 14:00-17:20 Uhr in 4.2.049.K32 – Hörsaal (402049) statt. In jener Gruppe des Sommersemesters waren 20 Teilnehmer*innen für die Fortbildung angemeldet. Die Fortbildungen im akademischen Jahr 2022/23 wurde von İnci Dirim durchgeführt; die Assistenz bei zeitgleich durchgeführter teilnehmender Beobachtung wurde von Julia Wohlgenannt und Rainer Hawlik erbracht: Beide Fortbildungen dienten der Evaluierung und Weiterentwicklung von ELA für Türkisch/Deutsch; besonders an der Kurzerörterung linguistischer Fachbegriffe für Lehrer*innen in den Bögen ist zu arbeiten.
Am 04.05.2023 fand ein Gastvortrag und Workshop der Prof.in Dr. habil. Galina Putjata mit Titel “RUTELA – Erfassung früher russisch-ukrainisch-deutscher Literalität” statt. Erörtert wurde, dass das russisch-ukrainisch-deutsche Sprachdiagnoseverfahren zu einem besseren Verständnis migrationsbedingter Zweisprachigkeit beiträgt. Die Diagnoseergebnisse bieten sich als Grundlage für die schriftsprachliche Förderung von Schüler*innen an, die mit den Sprachen Deutsch, Russisch bzw. Ukrainisch aufwachsen. Organisation geschah durch Mag.a kandidat nauk Olena Vasylchenko, der Ort war Universität Wien, Porzellangasse 4.
Im Wintersemester 2022/23 hat Elena Vasylchenko auf Basis der – im Juni 2022 bei Wiener Schüler*innen mit L1 Ukrainisch/Russisch – erhobenen Daten die Validierung des Instruments ELA für Russisch und Ukrainisch entwickelt: Die Erstellung von ELA für Ukrainisch/Deutsch und Russisch/Deutsch ist in einer ersten Rohfassung gegeben.
Die 4023IKL016 Frühe russisch/ukrainisch-deutsche Literalität: Erfassung und Interpretation (MUKompP) (8UE FB, SS 2022/23) fand am Mo, 15.05.2023, 14:00-17:20 in 4.2.031.K25 – Hörsaal (402030) statt. Die Fortsetzung erfolgte am Mo, 12.06.2023, 14:00-17:20 in 4.2.030.K25 – Hörsaal (402030) statt. Für beide Termine waren 12 Teilnehmer*innen angemeldet; die Assistenz bei zeitgleich durchgeführter teilnehmender Beobachtung wurde von Julia Wohlgenannt und Rainer Hawlik gewährleistet.
Im Rahmen der festiven Konferenz “30 Jahre Muttersprachlicher Unterricht im Regelschulwesen. 50 Jahre Muttersprachlicher Unterricht in Österreich” fand am 3. Juni 2023 an der PH Steiermark, der Workshop “ELA – Erfassung früher türkisch-deutscher Literalität. Besonderheiten und Übungen mit türkischen und deutschen Schreibproben von Kindern der zweiten Volksschulklasse” statt, den İnci Dirim durchführte.
Im September 2023 erfolgten zwei Präsentationen von RUTELA im Rahmen einer von der Ko.M.M.M. an PH Wien organisierten Fachtagung für Lehrer*innen in Wien und DaZ-Kolleg*innen im Hochschulbereich. Am 15.01.2024 fand von 14:00 bis 18:10 Uhr die Fortbildungsveranstaltung 4023TIL501 DIAGNOSEBASIERTES INDIVIDUALISIEREN UND DIFFERENZIEREN statt, bei der nach einem Vortrag von İnci Dirim zu “Mehrsprachige Diagnose und Förderung”, in einer knapp dreistündigen Workshopschiene die zwei parallelen Workshops von Dirim und Vasylchenko zur Diagnose und Förderung schriftsprachlicher Fähigkeiten mit ELA stattfanden. Im Juli 2024 war Julia Wohlgenannt in Graz eingeladen, das Projekt zu präsentieren: https://phwien.ac.at/aktuelles/rutela-prasentation-bei-ggk-2024/
Im September 2024 erschien ein Beitrag von Rainer Hawlik in der Fachzeit “Deutsch als Fremdsprache”, in dem die während des Projekt erhobenen Daten in den Kontext von der Beschulung mehrsprachiger Schüler*innen in Deutschförderklassen gesetzt wurden.

Entstandene Fachpublikationen zur Dissemination:

Vasylchenko, O. (2023). RUTELA AS A TOOL FOR REVEALING THE POTENTIAL OF UKRAINIAN SCHOOLCHILDREN WHEN STUDYING GERMAN IN AUSTRIA. In: OPERA IN LINGUISTICA UKRAINIANA, Fascicullum 30, S.211-219.

Hawlik, R. (2024). Gekommen, um zu bleiben – wir gehen nicht mehr weg? Zur Beschulung von Seiteneinsteiger*innen in bestehenden institutionellen Lernsettings. In Deutsch als Fremdsprache, Nr. 3, S.178-S.182

Literatur

Atmaca, B./Demir, Ö./Dirim, İ./Lengyel,D./Sava, A./Sentepe, M.O. (2022). ELA. Erfassung früher türkisch-deutscher Literalität, In https://doi.org/10.25365/phaidra.330 [22.03.2022]

Ehlich, Konrad u.a. (2005). Anforderungen an Verfahren der regelmäßigen Sprachstandsfeststellung als Grundlage für die frühe und individuelle Förderung von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund. Berlin: BMBF (Bildungsforschung 11)

Ehlich, Konrad, Bredel, Ursula, Reich, Hans H. (2008). Referenzrahmen zur altersspezifischen Sprachaneignung. Berlin: BMBF (Bildungsforschung 29.I sowie als Band 29.II der Reihe die Forschungsgrundlagen)

Lengyel, D. (2020). Lernprozessbegleitende Diagnose. In: Gogolin, I./Hansen, A./McMonagle, S./Rauch, D. (Hrsg.): Handbuch Mehrsprachigkeit und Bildung. Berlin (SpringerVS), S. 305–309.

PH Wien (2022). ZLP der PH Wien 2022-2024, https://www.phwien.ac.at/86-paedagogische-hochschule-wien/nachlese/4042-ziel-und-leistungsplan-unterzeichnung [22.03.2022]

Rossi, P. H./Freeman, H. E./Hofmann, G. (1997). Programm-Evaluation. Einführung in die Methoden angewandter Sozialforschung. Stuttgart: Enke.

Stockmann, R.(2004): Evaluation in Deutschland. In: Stockmann, Reinhard (Hrsg.) Evaluationsforschung. Grundlagen und ausgewählte Forschungsfelder. Opladen: Leske + Budrich, S.13-43.

Veranstaltungen

Vorstellung des Diagnoseinstruments ELA und des Folgeprojekts RUTELA

 

ELA - Arbeitsmaterialien, Eckdaten
Mag. Dr.
Rainer
HAWLIK

,

BEd
Hochschulprofessor für Mehrsprachigkeit mit Schwerpunkt Erstsprachenunterricht

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