Die Lesung und Auseinandersetzung mit dem Werk Maria Montessoris machte den aktuellen Stand der Debatte, zukünftige Möglichkeiten der Auseinandersetzung, als auch die von Sabine Seichter wieder entdeckten Kritikpunkte des theoretischen Denken Montessoris sichtbar. Die Lesung wurde ergänzt anhand von Originaltexten (Maria Montessori wurde mittels Portraitbild und Lampe ins Leben gerufen), Roland Reichenbachs Mythen-Beschäftigung und Winfried Böhms Einordung in die pädagogische Ideengeschichte. Er ordnet Montessoris Zugang als Naturmodell inkl. des Verständnisses von Erziehung als Normalisierung ein.
Der Einstieg beleuchtete die erste Begegnung mit der Montessori-Pädagogik. Dabei wurde ein breites Spektrum an Erfahrungen deutlich: von anfänglicher Enttäuschung über die traditionelle Unterrichtspraxis (“Tafel-Altar”) bis hin zur persönlichen Sehnsucht nach mehr Harmonie und Stille. Auch das Verfolgen der großen Versprechen Montessoris – mehr Ruhe und Konzentration für Kinder – sowie geteilte Erfahrungen aus dem Studium und Fortbildungen prägten diesen ersten Eindruck und spiegelten sich in den ausgewählten Textstellen wider.
Diese Faszination der einen, ist die Kult-Kritik der anderen (dies wurde im dritten Teil der Lesung als Kontroverse: Lovers and haters? aufgegriffen). Diese Polarisierung schafft eine herausfordernde Ausgangslage für Debatten, die theoretisch eingefangen, praxisnah erforscht, als auch reflektiert werden wollen und zudem auch das zentrale Grundproblem des Theorie-Praxis-Verhältnis aufzeigen.
Der Hauptteil der Bearbeitung ging den rhetorischen Figuren (neues, versunkenes Kind; neue Lehrerin; neues Material) nach. Die Idee der Normalisierung bildet die gemeinsame Klammer. Sie betrachtet das Lehr-Lernverhältnis neu, indem sie sich am natürlichen Entwicklungsplan des Kindes sowie an naturwissenschaftlichen und bio-medizinischen Erkenntnissen orientiert. Dass hier auch Rassenideologien und Menschenzucht-Konzepte die Basis bilden, kann der verselbstständigten Praxis nicht egal sein. Ein Dreieck aus drei Elementen prägt diesen Ansatz: die beobachtende Lehrperson, die kindliche Entfaltung mittels “Wunder” und “Flows” sowie das Material mit integrierter Fehlerkontrolle. Dieses Dreieck ist gut vereinbar mit selbstgesteuerten, individualisierten (standardisierten) Lernkonzepten, dem Lehrer*innenmangel und den Erziehungszielen der Mittelschichteltern.
Die Abschlussdiskussion hat eine zentrale zukünftige Aufgabe deutlich gemacht: Es ist notwendig, diese “Symbiosen” (Achtung Naturmetapher!) theoretisch zu hinterfragen, die Praxis forschend zu untersuchen und in einen differenzierten Dialog zu treten. Der Dank gilt allen Diskutierenden für ihr Engagement beim Ausloten, Annähern und Auseinandersetzen mit den verschiedenen Positionen und Kontrapunkten.
Aus diesem Dialog lassen sich mehrere “Worrys”, die eine weitere Vertiefung erfordern, festhalten: die Wahrnehmung der Montessori-Bewegung als elitäre Strategie durch Privatschulen und hohe Material- und Ausbildungskosten, die anspruchsvollen Voraussetzungen für ko-konstruktive Lernumgebungen (oft als “Bildungsmanagement” bezeichnet) sowie das aus den Texten sichtbar gewordene defizitäre Elternbild. Ebenso wurden die vielseitigen und teils widersprüchlichen politischen Verbindungen in der Geschichte der Bewegung (“Geschichtsvergessenheit”), das Thema Branding und Marketing mit seinen “Container-Wörtern” in der Pädagogik, das Verhältnis von Spielen und Arbeiten im Unterrichtsgeschehen und die Rolle von Bewegung als Strukturelement von Unterricht als wichtige Punkte für zukünftige Auseinandersetzungen genannt.
Arbeitsbereich
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