Erstmals interessieren sich über 800 Personen für das Volksschullehramt an der PH Wien. Was hinter dem Anmeldeboom steckt – und warum nicht alle zum Zug kommen.
Wien – Es begann mit Elisabeth Gehrer. Zumindest hallt ein schlecht gealterter Ratschlag der ehemaligen ÖVP-Bildungsministerin an die Maturantinnen aus dem Jahr 2004 noch nach: Studiert ja nicht Lehramt, riet sie ihnen. In dem von Gehrer gemalten Lehrerschwemmszenario sahen viele den Beginn des von da an steigenden Mangels an Lehrkräften, der dem Bildungsministerium spätestens 2009 bewusst wurde. Doch Maßnahmen blieben lange Zeit aus, wie der Rechnungshof im Mai 2025 kritisierte.
Zwanzig Jahre später zeigt die österreichische Bildungslandschaft ein Flickwerk: Gerade an Volksschulen, bei Naturwissenschaften und in Bundesländern wie Wien, Nieder- und Oberösterreich sowie Salzburg fehlen bekanntlich Lehrkräfte. Bis 2030 wird der Mangel aufgrund der Pensionierungswelle noch eklatanter. Die Lücken füllen mittlerweile schon systematisch Quereinsteiger. Doch zurückgegriffen wird auch schon auf pensionierte Lehrer und Studierende, manche gerade einmal im zweiten Semester.
Ein politisch definiertes Ziel war es daher, mehr junge Menschen für den Beruf zu begeistern – und den Lehrerinnenberuf generell zu attraktivieren.
Boom in Wien
Ob Kampagnen nun der Auslöser waren, ist unklar. Fakt ist: An der Pädagogischen Hochschule (PH) Wien, also einem jener Orte, an denen Lehrerinnen und Lehrer für die Primarstufe (Volksschule) ausgebildet werden, gab es heuer einen regelrechten Anmeldeboom. Die Zahlen liegen dem STANDARD vor. Schwankten diese in den Jahren zuvor zwischen 264 (Wintersemester 2022/2023), 500 (2023/2024) und 354 im vergangenen Jahr, bekundeten dieses Jahr rund 860 Bewerberinnen und Bewerber ihr Interesse am Lehrberuf mit Volksschulkindern. Die 400 besten sollen diesen Herbst mit dem Studium starten.
Diese Steigerung fällt in die Zeit der seit 2022 amtierenden PH-Rektorin und Bildungsforscherin Barbara Herzog-Punzenberger, die in Sachen Diversität und sprachliche Bildung starke Akzente in der Ausbildung gesetzt hat. “Durch diese ungewöhnlich hohe Zahl von Bewerberinnen fühlen wir uns auf unserem Weg bestätigt”, sagt die Rektorin im STANDARD-Gespräch.
Heterogene Klassen
Die Hälfte der Bewerber verschlage es jedenfalls aus den Bundesländern nach Wien, sie interessierten sich für das Leben und die Diversität in der Großstadt. Demnach kämen viele mit einer positiven Haltung, aber oft nur “mit oberflächlichem Wissen”, was das Unterrichten in stark heterogenen und mehrsprachigen Klassen letztlich bedeute – und für Herausforderungen mit sich bringe, sagt Herzog-Punzenberger. Einen Schwerpunkt setze man daher auf Diversitätskompetenz, um Studierende auf möglichst viele Szenarien vorzubereiten.
Ein weiterer Grund für die Zunahme könnte auch die Verkürzung des Bachelorstudiums sein. Bislang war es so, dass das Primarstufenlehramt vier Jahre Bachelor und ein Jahr Master vorsah. Nach Kritik von Gewerkschaften, wonach Studierende diese lange Studienzeit eher abschrecken würde, wurde das Studium noch unter Ex-Bildungsminister Martin Polaschek verkürzt. Die aktuellen Bewerber werden also nur noch drei Jahre für den Bachelor benötigen.
Neue Curricula
Neues ab Herbst gibt es auch in den Curricula. Hier wird nun etwas verankert, was die Fachwelt, gerade aus der Sprachwissenschaft, seit langem fordert: mehr Sensibilisierung und Fokus auf sprachliche Bildung und inklusive Bildung für alle Studierende der Primarstufe. Dazu kommen noch frei wählbare Schwerpunkte, etwa in Deutsch als Zweitsprache, inklusiver Bildung und Mint, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.
Wie stark die Anmeldungen in anderen Bundesländern ausgefallen sind, konnte ein STANDARD-Rundruf nicht klären. Doch auch in Oberösterreich und Vorarlberg habe es ein Plus gegeben. In Wien werden jedenfalls nur 400 Studierende aufgenommen. Doch kann man es sich in Zeiten des Lehrermangels leisten, Interessierten nicht auch eine Chance zu geben? “Jene, die die erforderliche Mindestpunkteanzahl erreicht haben, werden wir darüber informieren, dass sie auch an anderen Hochschulen zugelassen werden können”, sagt Herzog-Punzenberger. Wichtig sei, dass Österreich keine geeigneten Studienbewerberinnen verliere.
(Elisa Tomaselli, https://www.derstandard.at/story/3000000276572/lehrkraeftemangel-ade-anmeldeboom-bei-volksschullehramt-in-wien?ref=niewidget, 9.7.2025)
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